Geschichte des Rasenkraftsportes
im Kreis Lüdenscheid
1. Geschichtlicher
Rückblick
Von den drei im Rasenkraftsport vereinigten Wurfdisziplinen stammen das
Hammerwerfen und Gewichtwerfen aus den keltischen Ländern Irland
und Schottland. In die graue Vorzeit, weit mehr als 2000 Jahre geht der
sagenhafte Ursprung dieser Wurfformen zurück. Schriftliche Quellen,
die das Werfen des Schmiedehammers in diesen Ländern belegen, sind
ab dem Hochmittelalter nachweisbar.
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In
der deutschen Leichtathletik wurde die Entwicklung des Hammerwerfens
regelrecht verschlafen. Der erste deutsche Rekord von 22,44 m, im
Jahr 1901 mit einem starren Gerät einarmig aus dem Stand erzielt,
sollte lediglich die Rekordliste vervollständigen.
Die wenigen deutschen Hammerwurfpioniere des frühen 20.Jahrhunderts
kamen zumeist aus dem Lager der Schwerathleten und brachten es auf
36,53 m, ehe der deutsche Leichtathletik-Verband im Jahre 1912 die
schweren Wurfübungen (Hammer- und Gewichtwerfen sowie Steinstoßen)
vertraglich ganz dem Schwerathletik-Verband überließ, der
ab 1919 deutsche Meistertitel im Hammerwerfen vergeben konnte und
bis 1927 alleine für die Pflege des Hammerwerfens in Deutschland
verantwortlich war. Die Anbindung der Disziplin an die Schwerathletik
erwies sich insofern als segensreich, da mit der Einführung von
Körpergewichtsklassen im Jahre 1923 der Hammerwurf in Deutschland
auch für körperlich unterlegene Werfer erschlossen wurde.
Aber auch die DLV-Spitzenwerfer nehmen bis heute das Wettkampfangebot
der Rasenkraftsportler als willkommene Bereicherung gerne in Anspruch.
Eine ähnliche Vorreiterrolle spielte der Rasenkraftsport beim
Hammerwerfen der Frauen, das er einige Jahre früher als die Leichtathleten,
nämlich bereits 1982 ins Wettkampfprogramm aufnahm. Natürlich
gab es hammerwerfende Frauen schon vorher. Eine von ihnen, die schöne
Betty Welsch, besiegte laut eines englischen Geschichtsschreibers
sogar alle Männer. |
Die Entwicklung des
Gewichtwerfens verlief in vieler Hinsicht parallel zum Hammerwerfen. Als
fester Bestandteil der Hochlandspiele etablierte sich das einarmig ausgeführte
Gewichtwerfen über schottische Emigranten Mitte des 19. Jahrhunderts
auch im amerikanischen Athletik-Sport.
Obwohl das Gewichtwerfen 1904 und 1920 zum olympischen Wettkampfprogramm
zählte, brachten die deutschen Leichtathleten dem hier ½ und
¼ Zentner schweren Gewicht mit 45 cm Gesamtlänge nur wenig
Interesse entgegen, sodass diese Disziplin ab 1909 nicht mehr ausgeschrieben
und nach 1912 in den Kompetenzbereich des Schwerathletik-Verbandes verlagert
wurde.
Im Gegensatz zum Hammer- und Gewichtwerfen kann das Steinstoßen
als originär deutsche Wurfdisziplin angesehen werden.
"Turnvater" Friedrich Ludwig Jahn ließ im frühen
19.Jahrhundert das Steinstoßen im deutschen Turnen wieder aufleben.
Die typisch deutsche Wurfdisziplin "Steinstoßen" war auch
die erste der drei Rasenkraftsport-Disziplinen, die vom deutschen Schwerathletik-Verband
als Ergänzungsübung zur Schnellkraftentwicklung in sein Wettkampfprogramm
aufgenommen wurde, und zwar bereits in seinem Gründungsjahr 1891.
Das wirklich Neue und Unverwechselbare am Rasenkraftsport sind also nicht
seine Einzeldisziplinen, sondern deren Kombination zum Rasenkraftsport-Dreikampf
sowie der Gewichtsklassenmodus. Während die Einführung von Körpergewichtsklassen
im Jahr 1923 mit der Zugehörigkeit der Rasenkraftsportler zum Schwerathletik-Verband
zusammenhing, war die "Erfindung" des Dreikampfes im Jahre 1933
eine Folge der Gleichschaltung des nationalsozialistischen Sportbetriebs.
Bis zur Verselbständigung der Sportarten Gewichtheben und Ringen
zu Beginn der 1970er Jahre gehörten der Rasenkraftsport und das Tauziehen
ebenso wie der damalige Kunstkraftsport (heute: Sportakrobatik) zum Deutschen
Athleten-Bund (DAB) bzw. seinen Vorgängerverbänden.
2. Rasenkraftsport im Kreis Lüdenscheid
Fritz Rumpel *1913, der als Vertriebener nach Lüdenscheid verschlagen
wurde, begründete ab 1949 die Hammerwurftradition. Er konnte junge
Leute begeistern und sein bester Schüler, Siegfried Lorenz *1933,
krönte diese Arbeit mit dem Gewinn der Deutschen Jugendmeisterschaft
1951. Lorenz warf 1960 Deutschen Rekord und qualifizierte sich für
die Olympischen Spiele 1960 in Rom. Rumpel, auch liebevoll "Hammerwurfvater"
genannt , scharte viele junge Leute um sich, die es in einigen Fällen
bis in die deutsche Spitze schafften. Man wollte auch gern Lorenz nacheifern.
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Westfalenmeisterschaft
1950
v.l. Höpfner, Scheelen, Lorenz, Rumpel
Altes Nattenberg-Stadion mit Rasentribüne
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Erster
und einziger Deutscher Meister in der Männerklasse
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Rumpel selbst war
begeisterter Hammerwerfer und besorgte viele Materialien wie Drähte
und baute Trainingsgeräte, damit man auch mit schwereren Hämmern
werfen konnte. Nach dem Krieg musste man sich selbst helfen. Trainingsgelände
war der Platz an der Bismarcksäule, auf der Mülldeponie an der
Lennestrasse und letztlich in der Nurre (Waldkolonie).
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Hammerwurfplätze
Kreis Lüdenscheid auf einer größeren Karte anzeigen
Es ist nicht ganz klar wer den Anstoß gegeben hat und wann man mit
dem Training für den Rasenkraftsport begann.
Das Steinstoßen war schon immer Bestandteil des Trainings beim TV
1861 Lüdenscheid. Man war Turner, Leichtathlet, Fußballer usw.
ohne eine Festlegung auf eine Sportart. Bei den Bergfesten stand auch
das Steinstoßen auf dem Programm.
In den 1950er bis Ende der 1960er Jahren war der Athletik Sport Verein
von 1890 im Deutschen Athleten-Bund e.V. für Rasenkraftsport zuständig.
Die Meisterschaften im Jahre 1960 in Bochum und 1961 in Kassel waren Highlights
der Wettkampfaktivitäten, die mit dem Gewinn mehrerer Titel bei den
Deutschen Meisterschaften gekrönt wurden
Siegfried Lorenz, Fritz Rumpel, Klaus Findegenannt (1941-2013) und Gundolf
Steffen holten Titel in unterschiedlichen Disziplinen und Altersklassen
nach Lüdenscheid (siehe Tabelle 1).
In Lüdenscheid fanden die wenigen Wettkämpfe im alten Nattenberg
Stadion statt, weil die Trainingsanlage in der Nurre ein zu starkes Gefälle
aufwies. Da der Rasenplatz durch die Einschläge der Wurfgeräte
doch arg ramponiert wurde, waren anschließend Pflegemaßnahmen
notwendig. Willi Jakobi, damals Platzwart, gab die nötigen Anweisungen.
Hans Röcken, der 1965 nach Lüdenscheid gekommen war, konnte
bis 1969 an einigen Wettkämpfen teilnehmen. Dann schliefen die Aktivitäten
in Sachen Rasenkraftsport im ASV ein. Zwei Gründe waren ausschlaggebend:
1.) Das Stadion Nattenberg sollte umgebaut werden und
2). die Rasenkraftsportler strebten einen selbständigen Verband an.
Am 6.11.1971 wurde
in Ludwigshafen der DRKV als selbständiger Spitzenverband gegründet.
Im Jahre 1975 nahm
dann Hans Röcken erstmals an Deutschen Seniorenmeisterschaften teil.
Er starte damals für den Post SV Kiel und konnte auf Anhieb zwei
Silbermedaillen gewinnen. Das war der Beginn einer großen Karriere
die mit 10 DM Titeln, 25 Silber- und 16 Bronzemedaillen gekrönt wurde.
Aus der damaligen Werfergruppe, die in der Nurre trainierte, konnte Hans
Röcken seine Trainingskameraden Peter Engel, Erwin Ludwig, Horst
Höpfner(1932-2013), Hans Stork und Horst "Fliege" Windisch
zur Teilnahme an den Deutschen Senioren Meisterschaften bewegen. Alle
Athleten konnten sich in die Siegerlisten eintragen bzw. Medaillen gewinnen.
Erwin Ludwig konnte sich aufgrund seiner Turnerausbildung im Steinstoßen
einen Namen machen. Er gewann insgesamt 23 x Gold . Eine außergewöhnliche
Leistung!! Peter Engel holte dreimal Gold.
Deutsche Meister
aus dem Kreis Lüdenscheid:
Tabelle 1
3. Abteilungsgründung:
Rasenkraftsport im Turnverein Grünenthal
Seit mehr als 20 Jahren
sind Athletinnen und Athleten des TV Grünenthal im Rasenkraftsport
an den Start gegangen. Rasenkraftsportler der ersten Stunde im TVG waren:
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v.l.
James mit Stein, Hans mit Hammer und Per Röcken mit Gewicht
zeigen die beim Rasenkraftsport benutzten Geräte.
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Hier beim Training
in der Nurre in Lüdenscheid. Stein, Gewicht und Dreikampf sind die
Disziplinen in denen Meisterehren vergeben werden. Wettkampf-Debüt
im März 1991.
Seit 1994 starten wir für den SC Grün Weiß Paderborn.
Da Hans Röcken selbst zu sehr im sportlichen Geschehen eingebunden
war, war es bequemer die administrativen Aufgaben von dort erledigen zu
lassen. Der Ehrenpräsident des Deutschen Rasenkraftsport und Tauzieh
Verbandes Hans Wirth war gern bereit diese Arbeit zu erledigen. Als Gegenleistung
brachten wir infolge der Trainertätigkeit von Hans Röcken manchen
DM-Titel nach Paderborn und damit nach Herscheid.
Es gelang Hans Röcken immer wieder seine Athleten und Athletinnen
für die Teilnahme an den Deutschen Schüler- und Jugendmeisterschaften
zu qualifizieren. James und Per Röcken, Markus Bröcker, Dirk
Alexander Mroß, Julian Brodkorb, Sabrina Schöffel, Lisa Haarmann
und Annkatrin Wittkop konnten ebenfalls Medaillen gewinnen.
Medaillengewinner Schüler, Jugend und Junioren
Tabelle
2
Das Ganze war auch deshalb möglich, weil unsere Athleten durch Hans
Wirth ( damals Abteilungsleiter Rasenkraftsport im SC) beitragsfrei gestellt
wurden. 1998 änderte sich diese Position, es sollten Beitäge
erhoben werden. Das war der Anlaß erstmals über eine eigene
Abteilung nachzudenken. Nachdem Hans Röcken dies ersthaft ins Auge
gefaßt hatte, kam ein Kompromiß zum tragen. Wir verzichteten
darauf Fahrt- und Übernachtungskosten vom SC zu bekommen.
Am Jahresende 2003 gab es Probleme mit der Übernahme von Ergebnissen
des Hammerwurfs bei Rasenkraftsportwettkämpfen Der Kreisstatistiker
wollte, abweichend von der jahrzehnte lang geübten Praxis, die Ergebnisse
nicht mehr übernehmen und plötzlich Veranstaltungsberichte haben.
Im Rasenkraftsport gelten für den Hammerwurf die Internationalen
Wettkampf Bestimmungen des Deutschen Leichtathletik Verbandes. Ein Veranstaltungsbericht
wird im Rasenkraftsport nicht gefordert. Die Ergebnisübernahme gründet
sich auf den Kartell-Vertrag vom 24.07.1913 zwischen den Vorgänger-Verbänden
von Leichtathletik und Rasenkraftsport. Durch Hans Röcken wurden
die Probleme dem DRTV bekannt.
Der Deutsche Leichtathletik-Verband und der Deutsche Rasenkraftsport-
und Tauzieh-Verband unterzeichneten am 22. Februar 2008 eine Kooperation,
um das Hammerwerfen in Deutschland noch mehr zu stärken.
Kooperationsvereinbarung zwischen dem Deutschen Leichtathletik-Verband
und dem Deutschen Rasenkraftsport- und Tauzieh-Verband. Mit dieser Vereinbarung
wollen der Deutsche Leichtathletik-Verband e.V. (DLV) und der Deutsche
Rasenkraftsport- und Tauzieh-Verband e.V. (DRTV) ihre erstmals 1913 schriftlich
niedergelegte langjährige und erfolgreiche Zusammenarbeit erneuern
und festigen.
Im Jahre 2005 waren
fast 40 Athleten und Athletinnen vom TVG mit Startpässen des DRTV
für den SC Grün-Weiß Paderborn ausgestattet.
2012 unter neuer Regie
beim SC, als ein paar Schüler und Neueinsteiger, einen Startpass
benötigten, erhielten diese eine Beitragsrechnung des SC. Das war
eindeutig ein Bruch der Verabredung. Das war umso schlimmer für Hans
Röcken weil er bei der Anmeldung ausdrücklich auf die Vereinbarung
hingewiesen hatte und den Eltern zugesagt hatte, dass kein Betrag erhoben
würde. Wie stand er nun insbesondere vor den Eltern da?
In Gesprächen konnte die Diskrepanz nicht bereinigt werden. Also
hat sich Hans Röcken entschlossen im TV Grünenthal eine eigene
Abteilung Rasenkraftsport zu etablieren. Eine Anfrage an den Vorstand
brachte das erwartete und erhoffte "OK ".
Mit Datum 29.10.2013 ist die Mitgliedschaft im DRTV Tatsache.
Quellen:
Porsch, Heinrich, Deutsche Meisterschaften im Rasenkraftsport 1913-1999
(auszugsweise)
Koch, Erich, Geschichte der Lüdenscheider Leichtathletik (VII), Lüdenscheider
Nachrichten 22./23.Aug.1973
Röcken, Hans, Akten RKS mit BL und Schriftverkehr
Die ehemalige Umkleide am Bolzplatz Bismarck-Säule Foto: Fabian Paffendorf
Lüdenscheid. Der Minister hat entschieden: Das ehemalige Umkleidegebäude
mit Pförtnerwohnung Hotopstraße 9 ist ein Baudenkmal und bis
zum 1. Juli in die städtische Denkmalliste einzutragen.Minister erklärt
alte Umkleide zum Denkmal | WAZ.de - Lesen Sie mehr auf: http://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-luedenscheid-halver-und-schalksmuehle/minister-erklaert-alte-umkleide-zum-denkmal-id4724641.html#plx1953698909
WAZ 03.06.2011
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